Sonntagmorgen gegen halb zehn. Ich steige ins Kajak, freue mich auf eine schöne Paddeltour. Eine zarte Nebelschicht wabert noch etwas unentschlossen über dem Wasser.
Ich liebe diese morgendliche Herbststimmung. Auf den ersten Kilometern begegnet mir kein Mensch. Natur pur – einfach herrlich.
Auf dem See ist es noch ruhig, die meisten Wassersportler rücken immer erst etwas später aus. Ich genieße die Tour bis zur Staumauer, fünf Minuten Pause im Boot, dann mache ich mich auf den Rückweg.
Etwa fünf Kilometer sind noch zu bewältigen. Ich treffe einige Vereinskameraden. Eine nette Begegnung, ein kurzer Plausch auf dem Wasser. Ich bin entspannt, fühle mich wohl.
Nur einen Augenblick später aber…
…blicke ich in Alexis‘ Gesicht. Ich versuche, in ihrer Miene einen winzigen Hinweis auf die tiefe Betroffenheit zu finden, die dieser Mediator in seinem äußerst fragwürdigen Vermittlungsversuch dort gesehen haben will…
…und schaue doch nur in eine grinsende Fratze – breites Grinsen, von einem Ohr zum andern…
Sofort ist mein Ekel wieder da – mein Ekel vor Falschheit, Verlogenheit, Hinterhältigkeit und Scheinheiligkeit – tiefer Ekel, übermächtig wie am ersten Tage. Übelkeit, Brechreiz!
Während ich intensiv darum kämpfe, mein Frühstück bei mir zu behalten, drängt sich mir die Frage auf, wie man sich selbst wohl vorkommt, wenn man sein Leben als wandelndes Brechmittel fristen muss, weil man einfach sonst nichts drauf hat – eine Frage, auf die ich – ganz ehrlich – die Antwort gar nicht wissen will. Mein Ekel ist einfach zu groß. Irgendwann einmal habe ich dieses gewissenlose Etwas ‚Freundin’ genannt…
…der größte Fehler meines Lebens!
Während ich noch versuche meinen Magen zu beruhigen, kommt mir das Schreiben in den Sinn, das Einschreiben, das mir nicht zufällig an meinem Geburtstag zugestellt wurde, das Schreiben, in dem sie mir als Vorsitzende die Rechtsgültigkeit meiner ‚Hinrichtung’ mitteilt – wie gut, dass ich das inzwischen besser weiß…
Ich frage mich, ob ihr beim Abfassen dieses triumphalen Schriftstückes wohl einer ‚abgegangen’ ist. Immerhin – wer schon versucht, sein Schlafzimmer mit einer Schaufensterpuppe zu beleben, hat’s vermutlich dringend nötig…
Eine Woche später kann ich diese Tour (weitestgehend) ohne solche Begegnungen wiederholen…
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